Zur Landtagswahl Schleswig-Holstein 2022: Bündnispapier
Zahlreiche Kommunen in Schleswig-Holstein haben sich seit 2018 zu Sicheren Häfen erklärt. Ein Sicherer Hafen ist ein Ort der Aufnahme und des Ankommens für Schutzsuchende, insbesondere für jene, die unter katastrophalen Bedingungen an Europas Grenzen festsitzen. Außerdem sollte ein Sicherer Hafen Sicherheit für alle Menschen schaffen, die ganz konkret hier vor Ort leben. Sichere Häfen vermitteln eine andere Lösung für Verteilungsfragen, schaffen Handlungsmöglichkeiten und aktivieren Kommunen und Städte, sich in die Bundes- und EU-Politik einzumischen – gegen die derzeitige europäische Abschottungspolitik und für eine Willkommens- sowie Solidaritätspolitik. Damit hat das Konzept eine enorme politische Bedeutung. Eine explizite Erklärung des Landes Schleswig-Holsteins zum Sicheren Hafen lehnte die bisherige Landesregierung allerdings ab. Daher fordern wir die zukünftige Landesregierung auf, endlich zu handeln, anstatt weiterhin abzuwarten.
Wir appellieren an das Land, dass alle Menschen, die hier leben wollen, auch hierbleiben können. Obwohl für viele Fragen das Aufenthaltsrecht auf Bundesebene geändert werden muss, können die Kommunen und allen voran das Land Schleswig-Holstein schon jetzt rechtliche Spielräume nutzen, um für Menschen ein Bleiberecht zu schaffen und ihnen Sicherheit zu bieten.
Im vergangen Jahr hat Schleswig-Holstein das Abschiebegefängnis in Glückstadt eröffnet. Dessen Betrieb liegt in der Verantwortung Schleswig-Holsteins, aber auch Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg nutzen dort Plätze. Abschiebehaft bedeutet Freiheitsentzug für Menschen, die keine Straftat begangen haben. Durch dieses Instrument erleiden Erwachsene sowie Kinder (Re-)Traumatisierungen.
In Anbetracht der Tatsache, dass Deutschland in Länder abschiebt, in denen erhebliche Gefahren durch Krieg, Folter und schärfste Diskriminierung herrschen, sind die rassistischen Instrumente der Abschiebehaft sowie Abschiebungen grundsätzlich abzulehnen. Jede*r hat ein Recht auf ein sicheres und würdevolles Leben. Das Land Schleswig-Holstein kann als positives Beispiel voran gehen, um sich für eine humanitäre Wende in der Asyl- und Migrationspolitik einzusetzen. Die neue Landesregierung sollte eine konsequent wohlwollende und humane Grundhaltung gegenüber Menschen mit unsicherem Aufenthalt einnehmen und ihr Ermessen stets so auslegen, dass auch bei der derzeitigen Gesetzeslage für alle Menschen ein Bleiberecht geschaffen wird. Landesaufnahmeprogramme sind hier zentral, um sichere Fluchtwege für alle Menschen zu schaffen. Das bereits 2021 beschlossene Aufnahmeprogramm für Afghan*innen muss erweitert und sofort umgesetzt werden. Weitere Programme müssen folgen.
Das Land muss zukünftig alle Möglichkeiten ausschöpfen, um menschenrechtsorientierte, schützende und fördernde Lebensbedingungen sowie ein gleichberechtigtes Zusammenleben für alle Menschen zu schaffen – unabhängig von Pass und Aufenthaltstitel.
Als breites zivilgesellschaftliches Bündnis fordern wir zu den Landtagswahlen am 08. Mai 2022 von der zukünftigen Landesregierung, dass
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sich Schleswig-Holstein als Land zum Sicheren Hafen erklärt und dadurch kommunale Aufnahme aktiv unterstützt. Diese Aufnahme soll zusätzlich zu gesetzlich vorgeschriebenen Kontingenten passieren.
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Menschen über sichere Fluchtwege in Schleswig-Holstein ankommen, indem weitere Landesaufnahmeprogramme beschlossen sowie umgesetzt werden. Außerdem muss das bereits beschlossene Programm für Afghan*innen unverzüglich realisiert und erweitert werden, um mehr Menschen aufzunehmen.
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sie sich dafür einsetzt, dass Familien selbstbestimmt zusammen leben können. Das bedeutet, dass die Landesregierung bürokratische Hürden der Familienzusammenführung abschafft und schnelle Verfahren ermöglicht, denn Familien gehören zusammen! Dies gilt für biologische sowie selbstgewählte Familien.
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sie sicheres Bleiben für alle Menschen ermöglicht! Damit geht einher, das Abschiebegefängnis in Glückstadt sofort ersatzlos zu schließen und Abschiebungen zu beenden.
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sie Prozesse anstößt, ein neues Gesellschaftsverständnis zu entwickeln, in dem rassistische Strukturen in allen Bereichen abgebaut werden und in dem keine Bringschuld an Schutzsuchende besteht.