Das Docks und die Große Freiheit 36 haben sich Boykott-Aufrufe eingehandelt. FKP Scorpio und viele andere haben die Zusammenarbeit heute eingestellt.
Statt sich für eine existenzsichernde Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden einzusetzen, werden durch die Locations Fake News von Pseudoexpert*innen und gängige Verschwörungsmythen verbreitet und ideologisch unterstützt.
So protestiert die Große Freiheit 36 gegen die (Lügen-)Presse, gegen Atemschutz-Masken und für die, die die Existenz des Virus negieren. Das Docks hofiert mit einer irren Wandzeitung den Rechtspopulisten Ken Jebsen und die Querdenker*innen-Front mit der Überschrift “Bewaffnet euch” und kleiner gedruckt “mit Wissen”, und wettert gegen die Maskenpflicht und die aktuellen Schließungen. Die Traum GmbH Kiel verbreitet auf ihrer Webseite Verschwörungsmythen und bewirbt Protagonist*innen der Querdenker*innen-Szene wie Fiddeke und Fuellmich und einige andere.*
Soll man sich in einer Location sicher fühlen, die nicht an Krankheitserreger glaubt? Die keinerlei Verantwortungsgefühl gegenüber ihrem Personal und ihren Gästen präsentiert?
In einer Location, in der erfundene Verschwörungsmythen einen höheren Stellenwert haben als Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft kann man sich auch politisch nicht sicher fühlen. Die vertretenen Meinungen halten wissenschaftlichen Analysen nicht stand, sie verwirren und verunsichern unnötig durch Desinformation.
Das System ist gemein – aber nicht geheim!
Dass nicht ausreichende Unterstützungsleistungen für Kunst- und Kulturschaffende zunächst so verteilt wurden, dass selbstbestimmte kleine Kulturzentren ohne staatliche Förderungsstruktur und selbstständige Künstler*innen leer ausgehen, ist strukturell bedingt und problematisch. Warum sollen nicht alle Kulturschaffenden mit geeignetem Nachweis eine finanzielle, monatliche Unterstützung erhalten solange die Krise anhält?
Einige Locations mussten bereits schließen oder sind kurz davor, Künstler*innen mussten Insolvenz anmelden oder sind kurz davor.
Wenn der Staat Kulturveranstaltungen für den Gesundheitsschutz verbietet, aber große Unternehmen fleißig weiter produzieren können und Millionenhilfen erhalten, zeigt sich, dass Kultur nicht so systemrelevant ist, wie andere Arbeit, in der die Infektionsgefahr nicht weniger real ist.
Wenn geschlossen wird, um niemand zu gefährden, müssen aber wenigstens Ausgleichszahlungen stattfinden, die die Personal- und Unterhaltungskosten abdecken und eine Existenzsicherung schaffen, die vor einer Abhängigkeit von ALGII oder Insolvenz bewahrt.
Gleichzeitig müssen unbürokratische Fördertöpfe geschaffen werden, um Kulturzentren und Vereinen den nötigen Umbau für den Infektionsschutz von Personal und Gästen und für digitale Ausstattung zu gewährleisten.
Aktuell ist ungewiss, ob diese Pandemie besiegt werden kann, denn die staatliche Gesundheitsversorgung wurde seit Jahrzehnten kaputtgespart und privatisiert, die Branche ist unterbezahlt und leidet daher unter Personalmangel. Der Kultursektor leidet schon seit Jahren durch Kürzungen und Angriffe von rechts.
Das Virus gibt es trotzdem und keine verantwortungsbewusste Kulturstätte möchte die Gesundheit ihrer Gäste riskieren, solange die Gefahr nicht gebannt ist.
Im Docks, der Großen Freiheit 36 oder der Trauma GmbH scheint der Fokus wo anders zu liegen. Die Gefahr die hier von renitenten Realitätsverweiger*innen mit Hang zu Verschwörungsmythen ausgeht, wird dabei unterschätzt.
Verschwörungsmythen enden in Realitätsverlust, Isolation und Suizid, in Hass und Anschlägen gegenüber den konstruierten Feindbildern und diese sind meist antisemitisch.
Mit (Meinungs)- Freiheit haben diese nichts gemein.
Die Querfront-Szene der #Leerdenker setzt auf autoritäre Sehnsüchte und altbewährte Feindbildkonstruktionen. Eine Abgrenzung zum extrem rechten Rand ist Fehlanzeige, denn sie nährt sich ideologisch aus dieser Szene und ließ sich von dieser instrumentalisieren. Dazu wird das kommerzielle Eigeninteresse dieser, aus der Krise Profit zu generieren, verschleiert.
Wer in Locations auftritt, die so etwas ideologisch unterstützen, statt Desinformation zu bekämpfen, macht sich mit den Corona-Verharmloser*innen gemein und reproduziert stillschweigend Antisemitimus und anderen Mist.
Daher unterstützen wir den Boykott von politisch fragwürdig abdriftenden Locations, machen aber parallel auf die notwendige, fehlende Unterstützung des gesamten Kultursektors aufmerksam. Ohne Kunst und Kultur wird‘s still – auch politisch.
Wir erwarten, dass Docks, Große Freiheit 36 und Traum GmbH die Angelegenheit aufarbeiten und sich öffentlich erklären.
Wir erwarten, dass die dafür Verantwortlichen schleunigst vor die Tür gesetzt werden.
Wir erwarten, dass Kunst- und Kulturschaffende sich den aktuellen Entwicklungen entsprechend politisch wachsam verhalten und ihre Veranstaltungen in andere Clubs verlegen.
*Die Kieler Professorin Prof. Karina Reiß, die an der Uni aktiv ist und ihr Mann Prof. Sucharit Bhakdi konnten am 05.09.2020 eine Lesung in der Traum GmbH Kiel durchführen, um ihr neues Märchen-Buch “Corona-Fehlalarm” vorzustellen.
Das Konzept der irren “Wandzeitung” hat sich auch in der Trauma durchgesetzt, die Webpräsenz enthält ebenfalls viele Beiträge zur “anderen Meinung”:
“Wir sehen auf jeden Fall die Maßnahmen sehr kritisch und haben uns deshalb entschlossen, einen Beitrag zu einer umfassenden Diskussion zu leisten. Auf unserer Wandzeitung vor der TraumGmbH findet ihr deshalb überwiegend die andere Meinung von renommierten Wissenschaftlern und Ärzten”.