Für den 5. August 2023 war in Krummhörn in einer Lagerhalle ein Neonazi-Konzert mit der Onkelz-Coverband “Gehasst-Verdammt-Vergöttert”, “ErnstFall” und “Goethes Jungs” angekündigt.
In der Band “Gehasst-Verdammt-Vergöttert” sind mehrere Neonazis aktiv z.B. Marco Eckert aus Ostholstein, der sich schon vor Jahren mit dem “Sturm 18-Versand” und der “Combat 18”-Band “Oidoxie” einen Namen in der Neonazi-Szene machte. Eckert war Teil der “Kameradschaft Cismar”, deren Verbindungen über “Blood & Honour” bis in den NSU-Komplex reichte. Wie Exif Recherche im Zuge der Enttarnung des “Combat 18”-Netzwerkes berichtete, ist “Oidoxie”-Gitarrist Marco Eckert aus Grube neben “Rassenhass”, “Words of Anger” und weiteren Szenebands seit 2016 Mitglied in der Band “”Gehasst-Verdammt-Vergöttert”, die sicher nicht zufällig das Kürzel “28” für “Blood & Honour” im Symbol trägt.
Als schlecht getarnte Böhse Onkelz – Coverband konnte “”Gehasst-Verdammt-Vergöttert” 2018 in der Ostsee-Strandbar “Na´ bitte” in Dahme, Ostholstein ein von der Stadt genehmigtes Neonazi-Konzert durchführen. Dort nahmen einige Neonazis von “Combat 18”, Bandidos-Rocker, wie Lars Bergeest aus Cismar und weitere unbehelligt von der Polizei teil, feierten und zeigten Hitlergrüße.
Das Recherche-Netzwerk Exif Recherche berichtete 2018 über die Band:
Die Mitglieder der Band sind allesamt bekannte Neonazis, die auch in anderen Rechtsrock-Bands spielen: Marco Eckert, «Combat 18»-Mitglied aus Grube in Ostholstein und Musiker der C18-Band «Oidoxie» spielt an der Gitarre, am Schlagzeug sitzt Falk Pirnke aus Nordkirchen, ehemaliges Bandmitglied von «Oidoxie». Frontmann der Band ist Patrick Janssen aus Potsdam, der als Sänger der neonazistischen Band «Faust» bekannt ist. Am Bass findet sich Dirk Mewis aus Wismar, der zugleich Mitglied der Band «Vidar» ist.
Die Band «Gehasst-Verdammt-Vergöttert» versucht sich in sozialen Medien als unpolitisch darzustellen um so ein größtmögliches Publikum zu erreichen. Für ihre Auftritte greifen sie dennoch gerne auf ihr Neonazinetzwerk zurück.
Immer wieder profitieren rechte Bands von einer vermeintlich unpolitischen Böhse Onkelz – Fanszene, die diese auf Konzerte einladen und damit für die Finanzierung von Neonazi-Strukturen sorgen. Die Böhsen Onkelz haben ihren Reiz in der Neonazi-Szene nie verloren und waren als Türöffner in die rechte Szene trotz späterer Distanzierungen wirkungsvoll. Nach ihrem Comeback spielte die Band 2019 in Frankreich den bis vor kurzem noch indizierten Song “Der nette Mann” aus ihrer aktivsten Rechtsrock-Zeit. Das Lied befindet sich auf dem szenebekannten Album “Der nette Mann” aus dem Jahr 1984, welches aufgrund weiterer problematischer Songtexte z.B. “Frankreich 1984”, “Deutschland” oder “Böhse Onkelz” in der Neonazi-Szene als Kult-Album beliebt ist. Rebellentum zeigte sich hier, indem Bezug auf ein Album aus einer Zeit genommen wird, von deren politischer Einstellung die Band sich in den Folgejahren mehr oder weniger glaubwürdig zu distanzieren versuchte.
In der Landespolitik schlug das geduldete Neonazi-Konzert von “Gehasst-Verdammt-Vergöttert” an der Ostsee 2018 Wellen, denn trotz versuchter Anmeldung sah sich die Gemeinde nicht in der Lage, das Neonazi-Konzert gründlich zu prüfen, zu untersagen oder überhaupt im Auge zu behalten. Eine Notwendigkeit dafür wurde offenbar nicht gesehen. Beteuerungen der Politik, künftig wachsamer bei Neonazi-Konzerten zu sein, verhallten nahezu im Nichts, da weitere Rechtsrock-Konzerte in Schleswig-Holstein mitunter mit Polizeischutz stattfinden konnten. So wurde z.B. 2020 ein Auftritt von “Oidoxie” zusammen mit Karin Mundt in der mittlerweile geschlossenen NPD-Gaststätte “Titanic” Neumünster unter Polizeischutz zugelassen, obwohl nur wenige Wochen vor dem Konzert “Combat 18” offiziell bundesweit verboten wurde.
Vor einem Jahr trat “Gehasst-Verdammt-Vergöttert” in der Lagerhalle des Unternehmens “Friedrich Voss” in Krummhörn im Kreis Ostfriesland auf, wo die Folge-Veranstaltung am 5.8.2023 seit längerem angekündigt ist. Dass vermeintlich “unpolitische” Partys mit Onkelz-Flair schnell ein Einfallstor für die rechtsradikale Szene werden, zeigen folgende Recherchen:
Neonazis im Publikum feiern zum Sound der Böhsen Onkelz und zeigen den Hitlergruß in Krummhörn
In Ostfriesland kam es bereits am 6.8.2022 zu einem Auftritt der Neonazi-Band zusammen mit der Metallica-Coverband “Minetallica”. Beworben wurde das Konzert in der Gruppe “Onkelz Freunde Ostfriesland” unter dem Label “Ostfriesland Freizeit Veranstaltungen” in besagter Lagerhalle mit etwa 200 Onkelz-Fans, darunter auch Neonazis.
Auffällig schien bereits im Vorfeld, dass der Veranstaltungsort geheim bleiben sollte, wie es eher typisch für Konzerte in der rechten Szene ist. Bei Facebook konnte ein Nutzer konkrete Details zu der Organisation rund um das Konzert machen. Konzerttickets waren über eine Mailadresse erhältlich. Auf dem Ticket seien dann weitere Informationen enthalten.
Kurz vor der Veranstaltung gab es Karten über die derzeitige Junior-Chefin des Unternehmens “Friedrich Voß”, die das Konzert vorab öffentlich auf ihrer Facebook-Seite beworben hatte und ebenfalls in der Facebook-Gruppe “Onkelz Freunde Ostfriesland” Mitglied ist, in der sich unter mehr als 400 Mitgliedern längst nicht nur “unpolitische” Onkelz-Fans bewegen.
In einem Video-Auszug des Auftritts der Neonazi-Band “Gehasst-Verdammt-Vergöttert” vom 06.08.2022 in der Krummhörner Lagerhalle ist zu sehen, wie ein Mann augenscheinlich den Hitlergruß und ähnliche Gesten zum Onkelz-Sound macht und mitgröhlt:
Auf einem Foto der Veranstaltung steht im Publikum ein Mann, der bereits von rechten NPD- Demonstrationen bekannt ist. Sascha Burmeister teilt auf seinem Facebook-Profil öffentlich Fotos mit Rechtsrock-Bezug, markierte mehrere Beiträge der Neonazi-Band “Gehasst-Verdammt-Vergöttert” bei Facebook mit “gefällt mir” und ist ebenfalls seit einem Jahr Mitglied der Facebook-Gruppe “Onkelz Freunde Ostfriesland”, wo er das geplante Folge-Konzert am 05.08.2023 in Krummhörn bereits im Januar 2023 bewarb.
Eingesetzt war an dem Abend in Krummhörn eine Crew mit schwarzen Shirts sowie der “Nordland Sanitätsdienst”, der von Neonazi-Demonstrationen und Rechtsrock-Veranstaltungen, wie z.B. in Themar 2019 oder “Tag der nationalen Bewegung” bekannt ist und diese Informationen leicht überprüfbar auf Facebook mitteilt. Ein Foto vom Abend wurde wieder gelöscht, vermutlich wegen der Ankündigung, am 5.8.2023 ebenfalls vor Ort zu sein:
Weitere Facebook-Accounts aus der Region Ostfriesland und bekannte Neonazis haben mehrere Beiträge der rechten Band mit “gefällt mir” markiert z.B. Sebastian Raak von “Opos Records” und Holger Ingwersen von der Band “Kraftschlag. Dass die vermeintlich unpolitische Band selbst ein mittlerweile gelöschtes längeres Video vom Auftritt in Krummhörn auf Facebook veröffentlichte, auf der ein Gast augenscheinlich den Hitlergruß und ähnliche Gesten machte, sagt einiges über den unkritischen Umgang mit derartigen Konzerten aus.
Die Sorge vieler in der Region darüber, dass in Ostfriesland durch eine vermeintlich unpolitische Onkelz – Fangemeinde getarnte Neonazi-Konzerte etablieren und sich so ein Anlaufpunkt der rechten Szene in der Region entwickeln kann wird auch dadurch deutlich, dass Behörden das öffentlich beworbene Rechtsrock-Konzert im letzten Jahr trotz rechter Straftaten und anhand eines Teils der anwesenden Personen mit eindeutigen Bezügen in die organisierte und militante Neonazi-Szene nicht negativ aufgefallen sein sollen. Aus der Quartals-Anfrage über Rechtsrock-Konzerte im Bundestag findet sich an diesem Datum keine Eintragung. Die Bürgermeisterin spricht gegenüber der Presse von keinen Informationen über Auffälligkeiten.
Erneut sollte in diesem Jahr die Veranstaltung in der Emder Landstraße bei “Friedrich Voß” in Krummhörn stattfinden. Zu den weiteren Bands des Abends gehörten “ErnstFall” vom Label “Rookies & Kings”, das zu der umstrittenen Band “Frei.Wild” gehört und “Goethes Jungs” die erst am 15.7. ein Konzert mit der Band “Weimar” in Vacha spielten. Dass “Weimar” sich nach ihrem Neonazi-Skandal medienwirksam und unfreiwillig von Universal verabschieden mussten und im Anschluss sogar einräumten, dass zwei ihrer Bandmitglieder in der Neonazi-Szene in Thüringen aktiv gewesen sind, hinderte die Frankfurter Band “Goethes Jungs” nicht daran, zusammen mit der Band aufzutreten. Einer klaren Haltung gegen extrem rechtes Gedankengut hielten sie lieber ein “Und für uns hat Politik nichts in der Musik verloren und zu suchen.” entgegen.
Antifaschist*innen crashten die zu erwartende Neonazi-Party im Vorfeld und sorgten für einiges Durcheinander…
Nach einigem hin und her und kritischen Presseberichten über das geplante Neonazi-Konzert sahen sich die Veranstalter motiviert, die Neonazi-Band vom Programm zu nehmen. Auch eine weitere der umstrittenen Bands “ErnstFall” vom Label “Rookies & Kings” ist nicht mehr enthalten. Hinweise auf mögliche politische Hintergründe der Band-Auswechselung werden vom Inhaber der Halle nicht erwähnt und lassen so Raum für Spekulationen. Da bereits so einige Karten im Vorverkauf an mutmaßliche Fans der angekündigten Neonazi-Band verkauft worden sein dürften, im letzten Jahr bereits ein für 2023 angekündigter “Nordland Sanitätsdienst” aus der Neonazi-Szene zu erwarten ist und eine als Onkelz-Coverband getarnte Neonazi-Band in der Lagerhalle vor ca. 200 Fans auftreten konnte und trotz augenscheinlichem Hitlergruß und Neonazi-Beteiligung keinerlei negative Kritik an dem Abend erfolgte, ist die Erwartungshaltung für Samstag eine ganz und gar nicht “unpolitische” Folge-Veranstaltung.
Da die Inhaber betonten, nicht mehr mit dem Konzert zu tun zu haben, als es in ihrer Lagerhalle stattfinden zu lassen, aber gleichzeitig von einem “Wir” sprechen, wenn es um Bandwechsel geht und die Veranstaltung politisch einordnen, lässt dieses Verhalten ebenfalls Raum für eine weitergehende kritische Betrachtung, zumal keine inhaltliche Stellungnahme vom Unternehmen erfolgte, außer sich gegen die vermeintlich “haltlosen Berichte in der Presse” zu wehren. Wer die Veranstalter sind, darüber äußerte sich das Unternehmen zunächst nicht – jedoch dürften diese sowohl über die politischen Hintergrunde ihrer Bands informiert gewesen sein, als auch daran interessiert, nicht auf die zu erwartenden Einnahmen am Wochenende zu verzichten. Rechtsrock-Konzerte sind eine lukrative Einnahmequelle für die Neonazi-Szene.
In den Facebook – Kommentarspalten wird wiederum deutlich, in welches politische Wespennest die Antifa-Gruppe gestochen hat. Von Relativierungen der politischen Neonazi-Hintergründe der kritisierten Band zu Anschuldigungen und Drohungen mit Strafanzeigen wegen angeblichem “Rufsmord” ist das übliche Potpourri dabei, wenn Neonazi-Konzerte rechtzeitig auffliegen. Mag man einem Facebook-Nutzer glauben schenken, soll der Staatsschutz mit der Polizei bei den Konzertverantwortlichen gewesen sein. Allerdings nicht mit dem Ziel, das angekündigte Neonazi-Konzert am 5.8. mit höchstwahrscheinlich ähnlicher politischer Beteiligung wie im Jahr 2022 zu untersagen, sondern offenbar, um vor linken Aktionen zu warnen. Ob sich das so zugetragen hat, lässt sich momentan nicht bestätigen. In der Presse ist zumindest eine linke Gegendemonstration und genaue behördliche Beobachtung der geplanten und vorab genehmigten Musik-Veranstaltung im Gespräch, die man durchaus kritisch sehe.
Auch ein weiteres Konzert bewirbt die Neonazi-Band öffentlich auf ihrer Facebook-Seite. So ist für den 9.9.23 ein Auftritt in Giesendorf auf dem Sportplatz am Weinberg in Brandenburg mit der Band LSD geplant.
Wenn den Inhabern des Krummhörner Unternehmens Glauben geschenkt wird und sie tatsächlich nur die Halle an die Veranstalter vermietet haben, hat in Krummhörn ohne jegliche Kritik am 6.8.2022 ein durchweg von Neonazis organisiertes Rechtsrock-Konzert mit einschlägigem Personal stattgefunden. Ein Folge-Konzert war bereits damals im Gespräch und erfolgt nun.
Die selben Veranstalter mit dem selben angekündigten Sanitätsdienst aus der Neonazi-Szene bemühen sich nach Bekanntwerden durch Antifaschist*innen nun um Schadensbegrenzung, indem zwei Bands ausgewechselt und eine neue Onkelz-Coverband “Viva Loz Tioz” angekündigt wird. Weiterhin verdienen diese aber an der Veranstaltung mit dem zu erwartenden Publikum aus dem Fan-Umfeld der ursprünglich geplanten Rechtsrock-Bands.
Auch in diesem Fall ist die Absage der Veranstaltung durch den Inhaber der Lagerhalle und eine Aufarbeitung des letzten Jahres unausweichlich, wenn er nicht mit den politischen Hintergründen in Verbindung gebracht werden und rechtem Treiben in der Region Einhalt gebieten möchte.
Artikel wird ggfs. um weitere Informationen ergänzt.