13.05.2017 Rechtsrockkonzert in Wahlstedt/ Neumünster mit Kategorie C und Hausverbot

Am 13.05.2017 konnte in Wahlstedt/ Neumünster (SH) ein Neonazi- Konzert mit „Kategorie C” und „Hausverbot” stattfinden. Die Veranstaltung mit den in extrem rechten Kreisen und ihrer Hooliganszene beliebten Bands wurde von dem Bandido MC Northgate in deren Clubheim „Kuddel´s Inn” veranstaltet. Auf der Webseite wurde der Ort noch als Großraum Lübeck beworben. Neben personellen Verbindungen zur „Blood & Honour”- (Musik)szene und der NPD war ebenfalls der Neonazi Jan-Steffen Holthusen vor Ort, der sich immer wieder in der Organisation von rechten (Musik)veranstaltungen in Norddeutschland aktiv beteiligt.

Wir dokumentieren hierzu einen Beitrag von https://linksunten.indymedia.org/de/node/212575

[SH] “Kategorie C” Konzert im Clubhaus der Bandidos

Am vergangenen Samstag, den 13.05.2017, fand im Clubheim des „Bandido MC Northgate”, dem sogenannten „Kuddel’s Inn“ im schleswig-holsteinischen Wahlstedt ein Neonazi-Konzert mit den Bands „Kategorie C“ und „Hausverbot“ statt [1]. Die zuvor im Internet beworbene Veranstaltung entwickelte sich zum Stell-Dich-ein der organisierten Neonaziszene im Norden und offenbarte abermals die Verbindungen in die organisierte Kriminalität, insbesondere ins Rocker-Milieu. So schienen die Räumlichkeiten des „Bandido MCs“ nicht zufällig gewählt. Deren Mitglieder beteiligten sich aktiv an der Ausrichtung des Events, so übernahmen sie die Schleusung anreisender Neonazis und versuchten anwesende Journalist_innen bei der Dokumentation zu behindern.

Anreisende Teilnehmende wurden ab 17 Uhr über zwei Schleusungspunkte an der A21 und der B206 zum Konzert in die kleine Stadt unweit von Bad Segeberg geführt. Nachdem ein Großteil der Neonazis bereits ab 18 Uhr die Räumlichkeiten des sogenannten „Outlaw Motorcyleclubs“ im Wahlstedter Industriegebiet erreichte, erschien die Polizei erst ab 19 Uhr mit Einsatzkräften am Ort des Geschehens. Eine schwer bewaffnete Spezialeinheit der Eutiner Polizei sperrte eine Zufahrt an der Hauptstraße zum Clubheim und führte Vorkontrollen durch, was offensichtlich eher dem Veranstaltungsort als der politischen Ausrichtung der Veranstaltung geschuldet war. Einige der anreisenden Neonazis machten ihre Zugehörigkeit zur organisierten Neonaziszene durch das Verwenden von Szenekürzeln wie „BH“, „C18“ oder „1488“ in ihren Autokennzeichen deutlich. Während die Polizei im Nachhinein von etwa 60 Teilnehmenden sprach, konnten insgesamt wohl über 100 Neonazis und Personen aus dem Rocker-Milieu aus verschiedenen Bundesländern in Wahlstedt zusammenkommen.

Unter ihnen befanden sich bekannte Personen wie beispielsweise der Hamburger Neonazi Thorsten de Vries. Der langjährige Neonazi scheiterte zuletzt mit dem Versuch zum 12.09.2015 in Hamburg eine Hooligan-Demonstration anzumelden. In den letzten Wochen postete er in sozialen Netzwerken wiederholt Bilder mit dem Label „KC Crew Hamburg“. Ein langjähriger Freund von de Vries, Sven Johansson, war ebenfalls Gast der Veranstaltung. Johansson war früher im Umfeld von „Blood & Honour“ organisiert, ist gut mit Stefan Silar aus Tostedt befreundet und mittlerweile bei den Rockern von „Gremium MC“, einem der letzten MCs die sich nicht den „Hells Angels“ oder den „Bandidos“ angeschlossen haben.

Ebenso anwesend waren Neonazis aus den Strukturen des Terrornetzwerks „Combat 18“ (C18) wie Marco Eckert und Lars Bergeest aus Ostholstein, die erst im vergangenen Jahr, zum „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund gemeinsam mit dem C18-Gründer Will „the Beast“ Browning in Erscheinung traten [2]. Neben Neonazis die sich aus Strukturen von „Blood & Honour“ (B&H) rekrutierten, waren auch Mitglieder der „Hammerskins“ vertreten, wie z.B. der Möllner Thorsten Wolff, welcher regelmäßig das „Thinghaus“ in Grevesmühlen besucht und an die Mecklenburger „Hammerskin“-Struktur angebunden ist [3].

Auch alte NPD Kader wie Mark Michael Proch und Jan Steffen Holthusen nahmen an der Veranstaltung teil. Proch übernahm teilweise auch das Schleusen der Neonazis am Treffpunkt.

Interessant war die Anwesenheit des Neonazis Rene Callesen, einem bekennenden „Hells Angels“ Supporter, der dem Milieu-Laden „Lokalpatriot“ auf der Hamburger Reeperbahn zugeordnet werden kann. Callesen ist eng befreundet mit Thorsten de Vries und Sacha Bothe, einem ehemaligen „Blood & Honour“-Kader aus Niedersachsen, der mittlerweile bei dem größten „Hells Angels“ Supporter Club „Red Devils MC“ in Hannover aktiv ist.

Fraglich ob die „Bandidos“ wussten, dass sie sich mit diesem Rechtsrock-Konzert auch einige Supporter der verfeindeten „Hells Angels“ in ihr Clubhaus holen oder ob in diesem Falle die Nazi-Kameradschaft über der Rockerfeindschaft steht. Die Überschneidungen zwischen Neonazis und Rockern in Schleswig-Holstein sind nicht neu, vielmehr ist das gesamte Chapter „Northgate“ von ehemaligen „Blood & Honour“ Leuten aufgebaut worden [4].

Deutlich wurde auch bei diesem Konzert wieder, dass bei Rechtsrockveranstaltungen die Musik für viele Besucher nur eine untergeordnete Rolle spielt. Besonders stehen hier der Austausch und die Vernetzung zwischen alten und neuen rechten Kadern, militanten Neonazis, sowie der Ausbau der Beziehungen zu Rocker-Strukturen und dem kriminellen Milieu im Vordergrund.

[1] https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/52/bergab-neuer-besetzung
[2] https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/online/combat-18-reloaded
[3] https://linksunten.indymedia.org/de/node/192964
[4] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/bandidos-schleswig-holstein-ein-88-club

Siehe auch:

14.05.2017 Bilderstrecke bei recherche-nord: Nazirock im Bandido-MC Clubhaus in Wahlstedt Schleswig-Holstein
15.05.2017 Kieler Nachrichten online: Polizei kontrolliert vor Clubheim
18.05.2017 Stellungnahme der Antifaschistischen Aktion Neumünster und der Antifa Koordination Lübeck: NPD-Ratsherr Proch Hand in Hand mit verbotenem Neonazi-Netzwerk
20.05.2017 SHZ online: Wahlstedt: Neonazi-Konzerte im Rocker-Club